Florian Havemann

BANKROTT

BANKROTT

Florian Havemann

BANKROTT

Erscheinungsjahr: 2022
ISBN 978-3-00-072487-9
654 Seiten
Format: 160 x 235
Fadengeheftete, englische Hohlrückenbroschur
1150g
25,00 € (D)
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    Bankrott

    Von Elke Lehrenkrauss und Florian Havemann

    Einführung

    Der Autor im Selbstgespräch

    Das ist ja nun ein ganz anderes Buch als SPEEDY, karger, weniger opulent, und kein historischer Roman.

    Ein Gegenwartsroman, wenn auch ein Bisschen weiter aufgefasst: die im Buch geschilderte Gegenwart ist die der Zeit, bevor der Osten im wiedervereinigten Deutschland noch einmal in Bewegung kam, bevor die Menschen, die sich zu wehren begannen, in die Fänge der AfD gerieten.

    Man denkt beim Lesen: gleich kommt da jemand von der AfD um die Ecke.

    Der Roman ist geschrieben, bevor es diese Partei gab – aber es gab diese Leute schon vorher, die dann von der AfD eingesammelt werden konnten. Um die Hauptfigur im Bankrott, der sich in den Medien dagegen wehrt, was ihm widerfahren ist, sammeln sie sich, und er überlegt ja dann auch, was ließe sich daraus machen, eine Bewegung, eine Armee vielleicht, a la Michael Kohlhaas, oder, er ist ja Geschäftsmann, könnte es auch eine Firma sein – er kommt nur zu keinem Schluss.

    Es fehlt noch ein Element: das der Fremdenfeindlichkeit.

    Die im Osten ja erst einmal eine gegen die Westler ist, die den Osten übernehmen. Politisch, in der Verwaltung, der Justiz, im Geschäftsleben, alles Menschen, die den Rechtsstaat gewohnt sind, ihn für sich zu nutzen verstehen.
    Bärbel Bohley hat gesagt: Wir wollten Gerechtigkeit, bekommen haben wir den Rechtsstaat.
    Und das ist sicher auch gut so, denn darüber, was Gerechtigkeit ist, hätten wir uns doch nie einigen können. Aber der Rechtsstaat hat ein Problem, wenn zu viele seiner Entscheidungen als ungerecht empfunden werden. Jede kleine Gemeinheit hat doch ihre Folgen, jede Benachteiligung, die ein Mensch erleidet. In dem Moment, wo dieser Mensch dann gegen sie revoltiert. Es ist erst gar nicht klar, wohin es wird führen können, und die Vielen, die sich ungerecht behandelt gefühlt haben, müssen erst zusammenfinden. Und es kann die ganze falsche Losung sein, die sie vereint. Als die Fremdlinge im eigenen Land dann mit den Fremden kamen, die sie flächendeckend und also auch im Osten, der sich mit den Fremden nicht so auskannte, verteilen wollten, brach die Revolte los, in Form der AfD, und ich kann nur von Glück sagen, dass ich meinen Roman schon zu einem Zeitpunkt geschrieben habe, als die Erniedrigten und Beleidigten noch nicht wussten, wohin mit ihrer Wut.

    Ein Buch der linken Verzweiflung

    Politisch bin ich links, als Autor bin ich alles, was angesagt ist, aber dennoch würde ich meinen, dass auch der Bankrott irgendwie links angesiedelt ist, bei den Verlierern nämlich. Die Gewinner beschäftigen mich, aber in dem Moment, wo aus einem Verlierer ein Gewinner wird, hat er meine Solidarität dann nicht mehr.

    Sie waren zehn Jahre lang Verfassungsrichter im Land Brandenburg.

    Den Geschichten, die ich im Bankrott erzähle, bin ich als Verfassungsrichter begegnet, und es waren dies die Fälle, bei denen ein Verfassungsgericht nichts machen kann, die Fälle, an denen man nur verzweifeln kann. Am Anfang steht eine Ungerechtigkeit, oft Behördenwillkür, die Leute wehren sich gerichtlich dagegen, aber geraten sie in die Mühlen des Rechtsstaates, dann verschiebt es sich immer mehr, es geht sehr bald nicht mehr um das, was sie eigentlich antreibt, viele werden irre daran und entwickeln Verschwörungstheorien. Und dann ist ihnen natürlich noch weniger zu helfen.

    Beim Lesen hat man den Eindruck, als würde man unmerklich von einem Stoff in einen ganz anderen geraten.

    Genau das hat mich gereizt, das habe ich zu gestalten versucht. Mit etwas ganz klar Umrissenen zu beginnen, und dann mit etwas anderem, ebenso klar umrissenen zu enden. So, als befände man sich von Anfang an auf einer schiefen Ebene, es folgt ein Bankrott auf den anderen. Es beginnt mit dem einer Firma, dem eines Unternehmers, es geht weiter zum Bankrott der Institutionen, der Politik, des Rechtswesens, der Medien, dem Kulturbetrieb, der Moral, und endet in dem der Literatur – nichts bleibt unberührt und ausgespart. Das Thema verschiebt sich, und mit einem Mal sind wir bei dem des Voyeurismus, beim dazu gehörigen Exhibitionismus, und das nicht nur sexuell und erotisch, sondern ganz allgemein und politisch, bei dem Exhibitionismus der Reichen und Erfolgreichen, dem der Minderbemittelten, denen nur die Losung bleibt: Zeige deine Wunde.

    Der Bankrott erzählt die Geschichte einer Freundschaft.

    Es ist das vielleicht sogar ein Buch aus zwei Büchern, die miteinander verzahnt sind. Es sind zwei Geschichten, die zusammenkommen, es ist die Geschichten zweier Freunde, die sich gegenseitig verachten, kaum verstehen.
    Die Geschichte des einen: ein Mann, der alles verliert, es am Ende aber wieder gewinnt.
    Die Geschichte des anderen: ein Mann, der glaubt, nach seinem bisherigen Scheitern stünde ihm ein Erfolg bevor, und der am Ende doch wieder nur scheitert.
    Der eine der beiden Freunde: ein Unternehmer, ein Macher und Macho, ein Mann mit einem großen Ego, einer großen Klappe, aber er kann erzählen, er kann auch zuhören, er liebt Geschichten. Ein hässlicher Mann, unansehnlich, monströs, ein Ekel, aber nicht einer, der sich Illusionen über seine Wirkung macht – dadurch dann auch wieder sympathisch. Ich habe ein paar solcher Männer kennengelernt, und ich dachte immer wieder mal: sie sind dir zuwider, und also musst du mal über so einen schreiben, um ihn zu verstehen, ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, um gute Argumente für sein Verhalten zu finden.
    Der andere, der Ich-Erzähler im Roman: ein Schriftsteller, ein Langweiler also, ein Mann, der gut aussieht, der aber daraus nichts bei den Frauen machen kann, gehemmt, erfolglos, ein Schriftsteller, der beschließt, sich von der Fiktion ab-, sich der Realität zuzuwenden, und dann ist da sein Freund, der Bankrott dieses Freundes, und er denkt: vielleicht ist das eine Geschichte, über die du einen Roman schreiben kannst. Er war immer ein Voyeur des Lebens anderer, nun wird er zum Parasiten, zu einem Wicht, für den das Leben eines anderen, das seines Freundes, zum Stoff, zum Material wird. Dieser Ich-Erzähler, das bin nicht ich selber, aber das Problem des Realismus in der Literatur ist auch meines: was kann man von dem erzählen, bei dem man nicht dabei gewesen ist, das, was man nicht selbst erlebt hat?
    Es ist für mich eine Sache der schriftstellerischen Moral, diese Grundlage des realistischen Schreibens, auf Vermutungen angewiesen zu sein, mit zum Thema zu machen. Man sieht im Bankrott einem Schriftsteller beim Schreiben eines Romans zu, der eigentlich ungeeignet ist, ihn zu schreiben. Doch niemand sonst würde ihn schreiben, hätte Veranlassung, es zu versuchen. Die Welt aber will nicht von einem inkompetenten Schriftsteller beschrieben werden, und kann sie es, dann wehrt sie sich dagegen. Die Reichen und Erfolgreichen tun es, sie verfügen über die Mittel, es zu tun. Und sie haben einen guten Grund dafür: sie wissen, dass ihre Welt nicht von einem armen, erfolg-losen Schriftsteller verstanden und dargestellt werden kann. Und so bleibt ihm am Ende nichts anderes als in den Journalismus auszuweichen, in den plumpen Realismus der bloßen Fakten.

    Und was ist mit dem Schicksal?

    Dieser Bauunternehmer bekommt einen Bescheid des Finanzamtes, das von ihm eine Steuernachzahlung in der Höhe von einer Millionen verlangt. Es ist das, was dazu führt, dass dieser Mann alles verliert: seine Firma, sein Haus und dann auch seine Frau. Ein Jahr später stellt sich bei einer internen Prüfung im Finanzamt heraus: er hatte keine Steuerschulden, es hätte ihm diese Millionen zurückgezahlt werden müssen. Ein Computerfehler: aus Plus wurde Minus. Der Computer als Schicksalsmacht. Aber diese Macht schlägt mit Hilfe der Presse zu und das zweimal: Am Anfang, als die Zeitung aus der angeblichen Steuerschuld dieses Unternehmers eine Meldung macht, und es ist diese Meldung, die erst den ganzen Prozess in Gang setzt, bei dem er alles verliert – eine Durchstecherei, und die Presse greift es dankbar auf. Am Ende rettet ihn die Presse: Das Finanzamt hatte den Computerfehler deckeln wollen, aber ein ordentlicher deutscher Beamter wird zum Whistleblower.
    Der Roman jedoch, als literarische Gattung genommen, ist dazu da, von Abenteuern zu erzählen, nicht von einem Schicksal. Das war Sache der antiken Tragödie, und die meisten Menschen von heute, lehnen den Gedanken ab, es könne so etwas wie Schicksal überhaupt geben. Im Bankrott versuche ich also das Unmögliche: in einem Roman von einem Schicksal zu erzählen – vielleicht ist es gelungen.

    Ist der Bankrott ein erotischer Roman?

    Durch und durch, und auch da, wo er von ganz anderen Dingen handelt, von Geschäften, von Politik, dem Baugewerbe, Verlagsangelegenheiten. Das Problem dabei ist nur, dass sich der fiktive Autor des Romans nicht sicher ist, ob er sie nicht nur auch in diese Geschichte hineinträgt, die Erotik, die vielleicht doch nur seine ist, einfach, weil er doch von nichts anderem etwas versteht, weder von den Geschäften, von der Politik, dem Baugewerbe, Verlagsangelegenheiten. Kann das wirklich sein, dass sich die Welt in Exhibitionisten und Voyeuristen aufteilt?

    Und wenn man Sie direkt fragt, Herr Havemann…

    Ich stimme mir als dem fiktiven Autor des Bankrott zu: der Roman unserer Zeit muss erotisch sein.

    Also, so wie der Bankrott?

    Exakt – Sie haben es präzise erfasst.

    Autor

    Florian Havemann

    1952 geboren, aufgewachsen in Ost-Berlin.

    1968 Protest gegen den Einmarsch in die Tschechoslowakei, Haft bei der Stasi in Hohenschönhausen und dann im Jugendhaus Luckau, danach Lehre als Elektriker und Abitur bei der Deutschen Reichsbahn. 

    1971 Flucht in den Westen.

    1974-1979 Studium an der Hochschule der Künste, erst Graphik-Design, dann Bühnenbild bei Achim Freyer.

    Arbeit als Elektriker, als Hausmeister und Beleuchter, als Packer bei Aldi und als Reinigungskraft.

    1999-2009 Richter am Verfassungsgericht Brandenburg.

    1976-1979 Auszüge aus den Tafeln des Schicksals, März-Verlag.

    1978-2008 Projekt: SPEER – Theaterstück über Albert Speer.

    1995-1996 A, natürlich Moll – 37 Klavierstücke

    1998 Sympathie mit dem Teufel – Doppel-CD

    1989-2008 ROSA – Theaterstück über Rosa Luxemburg.

    2003-2006 Zyklus von Politiker-Stücken. 

    2006 Speedy – Roman, Europa-Verlag 2020

    2007 Havemann – Suhrkamp-Verlag.

    2008 ROSA/SPEER-BILDER – Ausstellung im Schloss Neuhardenberg.

    2009-2013 Berater von Gregor Gysi im Bundestag.

    2016 Bankrott – Roman.

    Seit 2019 Galerie Friedrichstraße 119.

    Seit 2021 Der unfertige Gedanke – Essayreihe in der Berliner Zeitung.

    Rezensionen

    Marlen Hobrack, Berliner Zeitung, 12. Januar 2023

    Florian Havemanns Roman „Bankrott“: Selbstgespräch für viele

    Ein Roman, der sich mit dem Schreiben und Stehlen von Geschichten auseinandersetzt und in dem Havemann sowohl Autor, Erzähler als auch Herausgeber ist.

    Taff macht seinem Namen alle Ehre. Taff ist ein harter Hund, ein Stück weit auch ein Ekelpaket, jedenfalls kein Sympathieträger, ganz und gar nicht. Einst ein erfolgreicher Umzugsunternehmer hat er sich als Bauunternehmer in der brandenburgischen Provinz verkalkuliert. Eine Steuerschuld von einer Million droht ihm nun das Genick zu brechen. Doch ist Taff wirklich schuldig?
    Taff ist die Hauptfigur in Florian Havemanns Roman „Bankrott“. Wobei man in diesem einen Satz dem Leser glattweg drei Lügen aufgetischt hat. Denn eigentlich ist es nicht Taff, um den sich der Text dreht. Und was wahlweise Stoff für einen Krimi oder eine Milieustudie abgeben könnte, versucht erst gar nicht, sich als bündiger Roman auszugeben. Obgleich Taff bankrottgeht, ist der Bankrott, von dem dieses Buch erzählt, eigentlich jener des Schreibenden: Vom Scheitern am Schreiben des Romans, der dem Leser da vorliegt. Davon erzählt Havemann; und nebenbei eben von Taff.

    Theorien durch den Fleischwolf gedreht
    Aber von vorn. Es beginnt damit, dass der Autor Havemann sich, mit gehöriger Chuzpe ausgestattet, verdreifacht: als Autor, Erzähler und Herausgeber. Da sitzt er, der Herausgeber Havemann, der die Notizen des Autors Havemann kommentiert, um den Erzähler Havemann von der Pflicht zu entlasten, einen kohärenten Roman auszuerzählen. Ein postpostmodernes Spiel, durchaus nicht papiern. Theorien über das Fragment, über Autorschaftskonzepte, den impliziten Leser und vieles mehr werden im Roman verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht und für den Leser angerichtet. Bon Appetit!
    Taff ist eine burleske Figur, und Havemann erzählt einige Szenen – etwa Taffs Suche nach sexuellen Kontakten im ländlichen Milieu Brandenburgs – saftig und deftig. Der Unternehmer figuriert als der „typische Wessi“, ist ein überheblicher Lebemann, ein Glücksritter, der die 2000er in der brandenburgischen Provinz erlebt. Hier wird er zum Beobachter, auch zum stillen Teilhaber am Ausverkauf des ostdeutschen Volksvermögens.

    Die lukrative Ost-Braunkohle
    Erzählt wird von den Chaosjahren, als man den brandenburgischen „Bauernschädeln“ die jahrhundertealten Dörfer unterm Hintern wegbaggerte – was man ja bereits zu DDR-Zeiten getan hatte, da aber in Ermangelung von Alternativen. Alternativlos ist der Braunkohletagebau nach der Wende nicht, aber lukrativ, und zwar für Vattenfall. Der Braunkohletagebau Welzow-Süd wird zur Chiffre für die ökonomische Einverleibung Ostdeutschlands unter Duldung und tätiger Mithilfe der Politik.
    Sagen wir es so: Die brandenburgische SPD kommt nicht gut weg in Havemanns Roman. Havemann erzählt von der ökonomischen und politischen Vorgeschichte der 2010er-Jahre, in denen die AfD in den ostdeutschen Bundesländern zur Volkspartei erstarkte. Was man bekanntlich mit dem nationalen Ungeist der Ex-DDR begründete, nie aber mit den tatsächlichen wirtschaftlichen und politischen Nachwendebedingungen.
    Am Stoff liegt es jedenfalls nicht, dass der Erzähler und Autor mit dem Roman, den er zwischen den Zeilen ja doch liefert, scheitert. Woran dann? Natürlich ließen sich materielle Gründe benennen. Der Erzähler muss arbeiten, in einem Putzjob, das raubt womöglich die geistige Spannkraft für ein opulentes Romangewebe. Und dann ist da noch die Technik, bei der der Teufel im Detail steckt, und die Differenz zwischen Vorhanden- und Zuhandensein bricht dem Autor das Genick: Sein letzter Roman „Ex“, übrigens ein Exhibitionistenroman, wurde bei einem Festplattencrash vernichtet. Er ist also tatsächlich ein Ex-Roman, einer, der mal war, und nun nicht mehr ist.
    „Ex“ wie auch Havemanns Roman „Speedy“ und nun „Bankrott“ kommen auf sexuelle Obsessionen zu sprechen. In „Speedy“, über 800 Seiten stark, werden die masochistischen Wünsche des NS-Verfolgten und Malers Rudolf Schlechter verhandelt. Die sexuelle „Devianz“, wie man früher wohl gesagt hätte, wird auch in „Bankrott“ zu dem Widerstandskern schlechthin. Der Erzähler wohnt den sexuellen Eskapaden Taffs entweder wie ein Schatten bei oder wiederholt sie wie ein Doppelgänger.

    Der Literaturbetrieb war verschreckt
    „Bankrott“ ist ein Metaroman, der sich über das Schreiben, auch über das Stehlen von Geschichten Gedanken macht. Der Autor erscheint als Parasit, der sich das Erlebte anderer aneignet. Etwa die Geschichte des Unternehmers Klaus Zapf, was Havemann allerdings leugnet, was wiederum Teil des Spiels des dreifaltigen Autors ist. Die ostentative Betonung der Tatsache, dass Taff natürlich nicht Zapf ist, erinnert zugleich an den literarischen Skandal, den Havemanns Biografie und Vaterbeschimpfung „Havemann“ auslöste. Etliche Personen, die im Buch vorkamen – darunter Angela Merkel –, hatten vor Gericht die Streichung von Passagen erstritten. Der Literaturbetrieb war verschreckt und zuckte vor weiteren Veröffentlichungen immer wieder zurück, sodass Havemann nun kurzerhand einen eigenen Verlag gründete.
    „Bankrott“ zu lesen, ist wie einem auktorialen Selbstgespräch beizuwohnen, in etwa so, wie wenn man an einer Bushaltestelle sitzt, und plötzlich fängt der Mensch neben einem an zu erzählen. Einen Moment lang fühlt man sich angesprochen, dann rückt man ein Stück beiseite. Havemann spricht hinein in einen Diskursraum für die wenigen Auserwählten – so legt es ja bereits der Name seines Verlages Freunde & Friends nahe. Es ist eine beinahe nietzscheanische Abkehr von der Literatur für die Viel-zu-Vielen und legt einen Fokus auf eine kleine Blase. Folgerichtig kokettiert Havemann im Verlauf des Textes wiederholt mit der kleinen oder Null-Leserschaft des Romans. So auch zu Beginn in der Widmung an die Leserin Monika Bleibtreu, die allerdings nicht mit der echten Monika Bleibtreu zu verwechseln sei, wie der Herausgeber gleich versichert. Ob man diese Namensspiele oder die ausufernden Selbstgespräche unterhaltsam, spannend oder zermürbend findet, hängt nun ganz vom Leser ab und davon, wie neugierig und eingeweiht er ist. Sagen wir es, wie Taff es sagen würde: Havemanns Leser brauchen Stehvermögen!

    Journal
    01. 10. 2023
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