Einar Schleef, Theater
von Sandra Prechtel
Die Inszenierungen von Einar Schleef waren Ereignisse. Nichts für ein angeregtes Gespräch bei einem Glas Wein. Eher standen sich „Schleef-Leute“ und Schleef-Hasser nach der Vorstellung im Foyer gegenüber und schrien sich an. Schleef selbst hasste das Herumgestehe nach Premieren und wäre lieber tanzen gegangen.
Das Theater von Einar Schleef war etwas, das einem widerfuhr und das man nicht mehr vergaß. Das als „Nazi-Theater“ wütende Abwehr auslöste. Oder von dem man sich überwältigen ließ.
18 Inszenierungen, mehr wurden es nicht. Vom Ost-Berlin der 1970er Jahre über die Bundesrepublik der 1980er Jahre bis ins wiedervereinigte Deutschland der 1990er Jahre. In jeder dieser Inszenierungen führt Schleef die Zuschauer an den Abgrund der deutschen Geschichte und lässt sie hineinblicken.
Wer Schleefs Theater mit eigenen Augen sah und mit allen Sinnen erlebte, den führt dieses Buch mit Fotografien seiner Arbeiten zurück in diese Erfahrung. Wer Schleef noch nicht kennt, wird anfangen, von seinem Theater zu träumen.
Bilder, die sich einbrennen, Dunkelheit, Fackelschein, Chöre, das Stampfen marschierender Stiefel, Gesang, rhythmisiertes Sprechen, ritualisiertes, anti-psychologisches Überwältigungstheater.
Der Ausdruck in den Gesichtern und Körpern der Darsteller: Jutta Hoffmann, Jürgen Holtz, Martin Wuttke, Nina Hoss, Margarita Broich, Bibiana Beglau, Ursina Lardi.
Die mit Schleef arbeiteten, konnten nicht mehr von ihm lassen. Und Schleef nicht von ihnen.
In seinen letzten Inszenierungen steht Schleef selbst auf der Bühne, deklamierend, schreiend, flüsternd, eine Naturgewalt, die sich entlädt.
Die bekannten Fotografinnen und Fotografen, die das Theater von Schleef festhielten, standen selbst in seinem Bann: Maria Steinfeldt, Karin Rocholl, Vera Tenschert, Abisag Tüllmann, Claus Gretter, Andreas Pohlmann, Ute Schendel. Sie haben die Theater-Arbeit von Schleef nicht dokumentiert, sondern Bilder davon gemacht, die für sich selbst stehen.